Austauschprogramm

1. 5. 2019 ||| Unsere Nachbarn machten uns darauf aufmerksam mit den Worten: Wie, Ihr kennt das deutsch-niederländische Austauschprogramm nicht, obwohl Ihr seit mehr als 20 Jahren regelmäßig in die Niederlande fahrt?! Nein, wir kannten es nicht, aber nun wissen wir, wie das ATPzDNL [das Austauschprogramm zwischen Deutschland und den Niederlanden] funktioniert. Wenn ein Holländer mit seinem Wohnwagen auf einer deutschen Autobahn parkt oder fährt -der Unterschied ist nur marginal-, dann muss ein Deutscher in einem holländischen Wohnpark übernachten (meist in einem Ferienhaus eines deutschen Vermieters). Das ist ein europäischer Gedanke! Und deshalb wollen die Briten den Brexit. (Denn die wollen sich in Spanien betrinken, ohne dass Spanier im Gegenzug nach England kommen.)

Kurz und gut: Mein Rudel hat mich ins Auto gepackt und nach Zeeland verschleppt. Das ist eine Gegend so flach, dass ein Maulwurfshügel als Gebirge bezeichnet würde, aber Maulwürfe müssten hier Grundwassertaucher sein. Was man überall sieht, sind Deiche, was man leicht übersieht, sind Wassergräben.

Für mich gab es ein kleines Stückchen eigener Garten, für meine Menschen ein zweigeschossiges Häuschen in einem Wohnpark. Herrchen verkündete, dass es in Englisch ein Wort für diesen Zustand gebe: Glamping [das ist ein Portmanteau von Glamour und Camping] und erklärte, dass das nie sein Lebensstil werden würde, lieber ginge er in ein richtiges Altersheim. Und um seine Entscheidung mit Beton zu verfestigen, besuchten wir jede Menge Sommerhäuschen in verschiedenen Wohnparks auf unterschiedlichen Inseln und Halbinseln.

Ich selbst sehe das Leben viel lockerer: Drei Tennisbälle zur Begrüßung sind eine Herausforderung, die mich gut unterhalten können, denn drei ist einer zuviel; zwei Tennisbälle passen gut in mein Maul.
Fußball habe ich neu definiert: ich nehme einen Ball ins Maul und kämpfe dann mit einem Fuß von Herrchen, mir macht das Spaß und er kann sitzen bleiben.
Den tollsten Spaß aber habe ich im Sand: Freies Herumrennen am Strand, toben mit einer ganz jugendlichen Doberfrau, Wellen jagen im Wasser. Wenn es nach mir ginge, dann würde mein Rudel aus unserem Garten zu Hause einen ganz riesigen Sandkasten machen!

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Überfall auf Insektenhotel

26. 05. 2019  |||  In den sonnigen Morgenstunden des heutigen Tages verübte eine noch unbekannte Blaumeise einen der skrupellosesten Terroranschläge, die je vor meinen Augen geschehen sind (zugegeben, es war der bisher erste und einzige, aber Leser haben ja auch eine gewisse Erwartung in einen Text, die erfüllt werden will, will man gelesen werden, sagen jedenfalls Mitarbeiter der größten deutschen Tageszeitung).

Obwohl ich Herrchen sofort zum Tatort holte, konnte dieser nur noch den Schaden fotografieren; der Täter selbst flüchtete mit dem vorerst letzten seiner Mordopfer im Schnabel auf den nächsten Baum. Wie das Bild unten beweist, wurden bei dem Überfall diverse Türen des Insektenhotels mit dem kurzen Schnabel gewaltsam eingeschlagen, bevor die schlafenden Zimmerbewohner herausgerissen und bei lebendigem Leib verschlungen wurden.

Herrchen gab auf Nachfrage zu verstehen, dass ich weder schuld sei an diesem Verbrechen an der Insektenwelt noch dass ich mich fürchten müsste, einmal im Schlaf im Gras überrascht und von einem großen Greifvogel verschlungen zu werden. Angeblich gäbe es in unserer Gegend keine Greifvögel dieser Größe. Dabei sehe ich täglich Habichte und Bussarde in den Obstplantagen.
Gestern Abend erst saß eine Ohreule ganz oben auf einem Baum und rief etwas Unverständliches der untergegangenen Sonne nach. Sie saß allerdings so hoch oben auf dem Wipfel des Baumes, dass ich ihre Größe nicht recht beurteilen konnte.

Die einzigen, die mich ziemlich kalt lassen, sind die kleinen Fledermäuse, die nach Sonnenuntergang durch unseren Garten schwirren. An Vampire glaube ich nämlich nicht.

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Kellnerinnen und Köche

28. 6. 2019 |||  Von Kellnerinnen und Köchen kann ich mehr erzählen als von langen Wanderungen in sengender Hitze, denn die "Saharahitze", wie sie von Zeitungsschreibern und Fernsehleuten genannt wird, lässt nicht nur unsere Palmen im Wintergarten verbrennen, sondern zwingt uns auch, viele der geplanten Wanderungen in Gaststuben zu verlegen.

Angefangen haben wir die letzte Woche im Tannheimer Tal in Tirol. Weil der erste Tag noch nicht soooo heiß war, sind wir per Seilbahn auf das Neunerköpfle gefahren. Eine Seilbahn hatte ich noch nie gesehen, geschweige bestiegen, daher war ich auch etwas nervös, als wir aus der Station abhoben und in die Luft flogen. Herrchen hat mich dann auf den Schoß genommen, und ab da weiß ich, dass ich ganz entspannt die Welt genießen darf; da passiert mir nix!

Oben an der Bergstation durfte ich dann wieder auf eigenen Beinen stehen und die Gondel verlassen. Geplant war eine gemütliche kurze Wanderung auf der oberen Alm, nur so zum Akklimatisieren. Herausgekommen ist eine Wanderung über steil abfallende Wiesen zu einer Almhütte, wo es Wasser und Bier und einen schattigen Raum gab. Von dort wollten meine Menschen aber nicht wieder zur Bergstation aufsteigen, so dass wir gemeinsam durch die Wiesen und Wälder bis ins Tal nach Tannheim gewandert sind.

Unten angekommen habe ich meine erste Tiroler Kellnerin kennengelernt, die mir ganz lieb eine Wasserschale brachte, bevor meine Zweibeiner ihre Speisekarte zu sehen bekamen. Tatsächlich war die liebe Kellnerin die slowenische Miteigentümerin des Gasthauses und ihr Mann der Koch, der meine Leute mit einer unheimlich leckeren Apfel-, Speck- und Käsefüllung in den Cordon Bleus mit Kürbiskernöl im Kartoffelstampf begeisterte. Es war wohl genial lecker und blieb auf der ganzen Reise unerreicht.

Nicht aber die Freundlichkeit der Kellnerin, denn auch in Lienz waren diese immer ganz besonders lieb. Die Sonne brannte täglich heißer und wir liefen viel in der Stadt herum, weil ein alter Freund von Herrchen, der in Salzburg lebt, mit ihm in London unterrichtet hatte und in Lienz geboren worden war, ihm die Stadt zeigen wollte. Glücklicherweise kannte er auch einige Gasthäuser mit dicken Mauern und Gewölben, in denen nette Kellnerinnen unaufgefordert mir Wasserschalen brachten, bevor die Zweibeiner Essen bestellen durften.

In Villach tobte sich dann die Sonne so richtig aus, dass die Straßen unter den Pfoten glühten. Wie toll, dass das Hotel ganz dicke, alte Mauern hatte und Klimaanlagen in jedem Zimmer. Da bin ich dann am Nachmittag sehr gerne zur Siesta allein auf dem Zimmer liegen geblieben, während mein verrücktes Restrudel auf dem Dach des Hauses in die Sauna gingen. Ich wette, es war in der Holzbox kaum wärmer als draußen, aber Zweibeiner sind ja nicht unbedingt für ihre Logik bekannt.

Rundwanderwege haben wir dennoch einige angefangen, aber entweder war Herrchen so genial, gleich bis ans Ziel zu fahren, so dass nur eine kleine Seeumrundung daraus wurde, oder die Einheimischen haben die Hinweisschilder heimlich abgebaut, so dass wir irgendwann irgendwo wieder zum Auto zurückkehren und doch motorisiert und klimatisiert zu unserem Ziel fahren mussten.

Das waren also meine ersten Eindrücke von Österreich. Das was ich gelernt habe und nicht wieder vergessen werde, weil es mir alte Damen in Fahrstühlen, dicke Männer in Gasthöfen und ganz liebe Kellnerinnen überall gesagt haben:

Ma, iss der scheh.

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